Die Pandemie mit ihren vielen Abs und den bislang wenigen Aufs; zwischendrin Hochwässer, Stürme und andere Folgen der Klimakrise, an denen man mal näher und mal weniger nah dran ist; und jetzt auch noch Krieg in Reichweite: Die letzten zwei Jahre stolpern wir von Krise zu Krise, von Ungewissheit zu Ungewissheit, von Umbruch zu Umbruch.
Ganz! Schön! Anstrengend! Vor allem für die, die in Verantwortung für andere stehen, Führungskräfte, Eltern – ach, eigentlich sind wir das ja fast alle, oder?
In vielen meiner Coachings, Keynotes, Webinaren geht es gerade darum, um den Umgang mit Angst, Zweifel, Sorge, Stress. Und ich muss einerseits sagen, dass mich diese Zeiten selbst enorm fordern. Ich selbst komme mir häufig vor wie ein Radl auf Felgen, dem die Luft auszugehen droht, so dass auch kleinste Unebenheiten immer heftiger durchschlagen. Gereiztheit, Konzentrationsmängel, auch Fehlentscheidungen – kenne ich.
Andererseits bin ich sehr, ja, das sage ich jetzt mal so: glücklich, immer wieder Menschen, Teams und Organisationen etwas an die Hand geben zu können, das vielleicht gerade jetzt hilfreich sein kann. Aus den Erkenntnissen, aus der Haltung, aus der Methodik von Positive Leadership und Positiver Psychologie hier daher einige Anregungen, damit Sie halbwegs gut durch einen vermutlich stürmischen April kommen – mit Ihrer Organisation, mit Ihrem Team und mit sich selbst.
Vorbild sein – in der Stärke und im Schwachsein
24/7 gut drauf und allzeit erreichbar? Damit rauschen Sie möglicherweise schnell in den Burn-out und/oder treiben Sie andere genau dort hinein. Zweifel, Stress, Sorge und anderer Schmerz wird vor allem dann zu Schmerz, wenn wir in die Verleugnung, in den Widerstand gehen. Auch Eltern, auch Führungskräfte dürfen gerade jetzt ihre Ängste und Sorgen teilen, denn die Umwelt bekommt diese sowieso mit. Umso wichtiger: sich auch mal rausnehmen, auch mal offline gehen, neben den Erreichbarkeiten auch die Nichterreichbarkeiten klären und vorleben – damit tun Sie anderen einen mindestens genauso großen Gefallen wie sich selbst.
Fortschritt erreich- und erlebbar machen
Gerade in remoteren Kontexten, gerade in Krisenzeiten ist es hilfreich, wenn Menschen sich als selbstwirksam erleben, wenn sie mitbekommen, dass und wie sie auch mal etwas gebacken kriegen. Lob, Wertschätzung, Anerkennung für Geleistetes macht da Sinn (hier ein kleines Beispiel dafür: https://www.linkedin.com/posts/christianthiele_positivepsychologie-positiveleadership-positivfuehren-activity-6914079315345190912-lpzF?utm_source=linkedin_share&utm_medium=member_desktop_web). Stärken erkennen und anerkennen, die Weiterkommen und Erfolg ermöglichen können, ist gerade jetzt sinnvoll – aber das habe ich ja schon oft gesagt und geschrieben (https://positiv-fuehren.com/staerkenstaerken ).
Und machbare, interessante Ziele, die Fortschrittserleben überhaupt ermöglichen, gehören natürlich auch dazu (https://positiv-fuehren.com/positive-leadership/possitive-statt-smarte-ziele/).
Positives kultivieren
Damit sind wir bei den positiven Emotionen: Angst, Sorge, Ärger, Zweifel und andere negative Emotionen sind erstens unvermeidbar, gerade in diesen Zeiten, und haben zweitens auch ihren Nutzen. Sie sind so etwas wie Relevanz-Detektoren, die aufzeigen, was uns gerade fehlt oder schmerzt. „If you can feel it, you can heal it“ heißt ein alter Spruch aus TherapeutInnenkreisen, eine mögliche Übersetzung auf deutsch: „Was benannt, ist gebannt“. Die so genannte emotionale Granularität zu fördern, Negatives genau erkennen und benennen zu können, das ist eine sehr hilfreiche Fertigkeit in diesen Zeiten. Allerdings sind, drittens, die negativen Emotionen eher die, die unser Fühlen, Denken, Handeln verengen – und das braucht ja jetzt wohl keineR, oder? Freude, Interesse, Zuversicht, Dankbarkeit machen uns schlauer, aktiver, beziehungsfähiger, stärken die Gesundheit und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer hohe Lebenserwartung: Zur Bedeutung dieser und anderer positiver Emotionen hat Barbara Fredricksson enorm viel enorm wichtige Forschung vorgelegt (https://wholebeinginstitute.com/help-your-mental-health-an-interview-with-barbara-fredrickson/). Sich von all der aktuellen Schwärze nicht davonschwemmen zu lassen (etwa durch permanentes Doom-Scrolling),
den Fokus bewusst immer mal wieder auf das richten, was gelingt, was Freude macht, wofür Sie dankbar sein können: Das wäre hilfreich, um in all dem Meer an Negatitivät zumindest gelegentlich Inseln des Positiven ansteuern zu können. Sie tun damit sich und anderen etwas Gutes!
Helfen hilft – Geholfenen und Helfenden
Apropos Gutes tun: Krisen bringen ja vor allem das Beste in uns hervor. Wahnsinn, mit wieviel Engagement hier und jetzt den Kriegsflüchtlingen geholfen wird, mit Geld-, Sach-, Blutspenden, einem Dach über dem Kopf oder oder oder! Wer anderen hilft, hilft auch immer sich selbst. Das ist in unserer evolutionären Firmware über Spiegelneuronen, Neurotransmitter und Hormonausschüttung so angelegt. Unsere Neigung zu Altruismus und prosozialem Verhalten lässt sich in der Ökonomie, medizinisch oder auch neurowissenschaftlich längst nachweisen (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30424992/). Wo und wem haben Sie in letzter Zeit geholfen? Wie würdigen und unterstützen Sie, wenn andere anderen helfen? Auch das trägt nämlich zu unserem Wohlbefinden bei…
Beziehungen stärken
Das Gespräch, die Unterstützung, die Bitte um oder das Angebot von oder die Annahme von Hilfe: All das stärkt das Erleben von Verbindung. Wer sich in Zeiten von Krise und Umbruch auch noch einsam und isoliert fühlt, die oder dem geht es besonders schlecht. Wer hingegen im Austausch mit anderen ist, wer um Mitstreiter weiß – die und dem geht es meist weniger schlecht. Und die oder der hat größere Chancen, aus Krisen möglicherweise sogar gestärkt hervorzugehen – mit einem größeren Bewusstsein eigener Stärken, Werte, Prioritäten (https://link.springer.com/article/10.1007/s11620-020-00525-5 ).
✅ Was ich ansonsten zu vermelden habe
In meinem Podcast „Positiv Führen“ ging es zuletzt um Werte – Thema des Gesprächs mit Prof. Dr. Wolfhart Pentz. In der aktuellen Episode erklärt Barbara Lax von Little Green House, wie sie mit Positiver Psychologie, Neurowissenschaften und Positiver Führung eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas gegründet hat und leitet. Zu Gast in der kommenden Folge: Prof. Dr. Alexander Hunziker von der Berner Fachhochschule, ein akademisch-praktischer Experte in Sachen Positive Leadership. Wie immer ab dem 13. live.
💎 Im wunderschönen Prag habe ich für Führungskräfte einer großen Organisation über Positive Leadership gesprochen, im fast genauso schönen Stuttgart habe ich das selbe für Teilnehmende eines Haufe-Seminars zu dem Thema gemacht. Wer da mal dabeisein will: Hier zu den Anmeldungen für das Seminar in den unterschiedlichsten schönen Städten (https://www.haufe-akademie.de/30761).
📣 Speaking Engagements hatte ich zuletzt zu Themen wie „Optimal optimism as a leader“, „Stärkenstärker stärker stärken“ oder „Per Jobcrafting zum Traumjob – auf der eigenen Stelle!“. Wer sich da für etwas interessiert – gerne melden!
✍️ Geschrieben/gebloggt/gepostet habe ich zuletzt unter anderem…
- im sehr schönen Magazin „Leidfaden“ über die Zuversicht – und wie wir sie mehren und schöpfen können: https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/detail/index/sArticle/57525
- bei CoachHub über das Mitgefühl und das Selbstmitgefühl, das Führende gerade jetzt mit sich und anderen üben sollten: https://www.coachhub.com/de/blog/in-herausfordernden-zeiten-positiv-fuehren-organisationen-mitarbeitende-und-sich-selbst-7-tipps/
- für meine Kolumne in der „Personalwirtschaft“ über eine konstruktivere Herangehensweise an Wandel und Veränderung in Organisationen: https://www.personalwirtschaft.de/news/personalentwicklung/schreckensszenarien-helfen-nicht-beim-wandel-133206/
- über das Handwerk, die Kunst, die Wissenschaft des Kompliments – und warum Führende sich damit auskennen sollten, https://positiv-fuehren.com/positive-psychologie/komplimente-machen-als-vorgesetzter/
- zu meinen Ahas (Erkenntnissen) und Öhas (Fragen) an den neuen Weltglücksbericht: https://positiv-fuehren.com/positive-psychologie/7-dinge-die-ich-aus-dem-neuen-weltgluecksbericht-gelernt-habe/
- zum neuen Studiengang „Positive Psychologie und Coaching“ an der DHGS, den ich als Dozent mit unterstütze – aber eigentlich habe nicht ich dazu geschrieben, sondern die Abendzeitung hat freundlicherweise ein Interview dazu mit mir gemacht: https://positiv-fuehren.com/wp-content/uploads/2022/03/2022-03-19_Abendzeitung-Muenchen_Seite_16.pdf
🙏Ein großes Dankeschön an
- … die viiielen Menschen hier und dort, die ganz viel Mut, Witz, Mitgefühl beweisen gegenüber dem Wahnsinn, den der kleine Mann mit dem großen Tisch und dem teuren Mantel über die Ukraine gebracht hat.
- … Dr. Judith Mangelsdorf, Trauma-Expertin und Professorin für Positive Psychologie, für ihren großartigen Vortrag über einen guten Umgang mit sich und anderen in diesen Zeiten, nachzuhören/-sehen unter: https://2022.resilienz-kongress.de
- … Chilly Gonzalez, der mit seiner aktuellen Tournee enorm viel Humor, Witz und Leichtigkeit in diese trüben Zeiten bringt – und für sein großes Herz, das er und das Team von Schloss Elmau beim dortigen Konzert für ukrainische Besucher gezeigt haben!
- … Igor Levit und Anselm Cybinski – wenn wir schon bei der Musik sind: Die neue Staffel des Klavierpodcasts (https://www.br.de/mediathek/podcast/der-klavierpodcast-mit-igor-levit-und-anselm-cybinski/826) der beiden ist eine großartige Meditation über Veränderung und Kontinuität, über Wiederholung und Fortschritt, über… – ach, einfach bitteschön anhören, das ist sooo großartig!
- … die MacherInnen von „Soul“ (https://www.amazon.de/Soul-Jamie-Foxx/dp/B08XJNTFXW), wenn wir schon gerade beim Klavier sind. Vielleicht ein alter Hut für manche, ich habe den Film aber erst jetzt gesehen. Und empfehle ihn auch Familien und Nicht-Jazz-Fans, denn eigentlich geht es nur bedingt um Musik, es geht vor allem darum, ob und wie man seine Träume realisiert!
- … die bayerische Zugspitzbahn, die in diesem mageren Winter auch den wenigen Schnee bei Frühlingstemparaturen zu mehr als passablen Pistenverhältnissen zusammengeschoben hat
- … Christiane, wie immer für alles!
- ... Sie und Euch für Zeit, Aufmerksamkeit und Rückmeldung! Merccccciiiiiii!
Euch und Ihnen einen gesunden, trotz allem zuversichtlichen, produktiven April!
Mit positiven Grüßen aus dem immer noch Saharasand-bestaubten Partenkirchen,
Euer und Ihr
Christian Thiele
P.S.: Ihr macht/Sie machen das gut!
Über mich:
Ich versuche, mehr Glück in die Arbeit zu bringen – mit Seminaren, Coachings, Workshops, Keynotes zu positiver Führung. Für Führende, Teams, Organisationen. Evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert, auf der Haltung und den Erkenntnissen der Positiven Psychologie gegründet – und gleichzeitig ganz praxisorientiert und hands-on.
Wem der Artikel gefallen hat und mehr von/über mich wissen mag: Mich gibt’s auf Xing, LinkedIn, auf meiner Website – und in meinem Podcast „Positiv Führen“ unter www.positiv-fuehren.com. Wer Fragen/Interesse hat: gern melden!