Wofür delegieren?
Wer (gut) delegieren kann, macht sich nicht den eigenen Schreibtisch auf Kosten der MitarbeiterInnen leerer, oder zumindest nicht nur – sie oder er schafft damit echten Mehrwert für alle Beteiligten: Abgeben können an wen anders ist ein Vertrauensbeweis. Ermöglicht neue, andere Wege. Und gibt der oder dem Beauftragten die Möglichkeit, an neuen Anforderungen zu wachsen, dazuzulernen. Und, ja, es entlastet die/den DelegierendeN.
Was abgeben?
Abgeben sollten Führende
* Spezialistenaufgaben, die andere eh besser können als man selbst
* Routinejobs
* Alles, was nicht dringend oder zwingend die eigene Präsenz und Handschrift erfordert
Delegiert werden können
* Vorentwürfe, über die die Chefin/der Chef dann noch mal das letzte Wort behält
* Termine, Zuständigkeiten, die nicht zwingend ad personam laufen, sondern die auch in Vertretung erledigt werden können
Undelegierbar sind in aller Regel
* Hochrisikoentscheidungen
* Sehr sensible, vertrauliche Themen
* Krisenhandling
* Mitarbeitermotivation und Führung
* Zielsetzung, Zielerreichungskontrolle
Wem was übertragen?
Nach dem Modell des Situativen Führens ist je nach Aufgabe, Motivation und Kompetenz der Mitarbeitenden zu entscheiden, was wem wie zu übertragen ist und wer bei was mehr Führung oder engschrittigere Kontrolle braucht.
Wie soll‘s werden?
Was wäre ein guter Zielzustand, bei dem die Aufgabe gut erledigt wäre? Wieviel Abweichung vom Soll wäre ok, und mit welchen Hindernissen ist möglicherweise zu rechnen?
Womit?
Welche Unterstützung, Tools, Befugnisse, Budgets braucht und bekommt die/der Beauftragte? Gibt es bestimmte Vorgehensweisen, Verfahren, die hilfreich sein können oder befolgt werden müssen? Welche Kompetenzen könnten helfen, um die Aufgaben gut erfüllen zu können? Und – typischer Beratergedanke, sorry – welche Seminare könnten dafür nötig sein?
Wann und bis wann?
Last-minute-Delegation funktioniert häufig nicht, daher sollte die Entscheidung über eine Übertragung von Zuständigkeiten immer so früh wie möglich erfolgen. Wirksam delegiert ist, wenn ein (realistischer) Endtermin festgelegt und kommuniziert wird. Und häufig sind auf dem Weg dorthin ein paar Meilensteine sinnvoll.
Warum nicht?
Was nach meiner Erfahrung häufig am Abgebenkönnen hindert:
- Man ist so dermaßen überlastet bis Oberkante Oberlippe, dass man gar nicht erst auf die Idee kommt, etwas abgeben zu können
- Der Aufwand für Anweisung und Erklärung delegierbarer Aufgaben scheint größer als „es halt eben schnell selbst zu machen“ (stimmt vielleicht manchmal sogar auch – zumindest kurzfristig…)
- Was, wenn die/der Beauftragte „Nein“ sagt und sich der Delegation verweigert?Manche „Babies“ können wir schwerer loslassen als andere Zuständigkeiten
- Im allerallerallerschlimmsten Fall könnte Delegation ja sogar dazu führen, dass neue, bessere, effizientere Wege gefunden werden, als wenn es ChefIn selbst gemacht hätte. Kann/darf/soll das überhaupt sein?
Wie nicht?
- So erhöhen Sie die Chancen auf erfolglose Delegation:
- Nur isolierte Mikropakete abgeben, bei denen niemand den Sinn des großen Ganzen verstehen kann
- Die für eine gelungene Erledigung der Aufgabe wesentlichen Informationen ganz zurückhalten oder nur scheibchenweise rausrücken, mal per Mail, mal mündlich, mal per WhatsApp, mal in Slack
- Gezielt so übertragen, dass die betreffende Person garantiert über- oder unterfordert ist
- Die gleiche Aufgabe unabhängig voneinander an zwei Mitarbeiter übertragen, die davon nichts wissen
- Die (Zwischen)Erfolge übersehen, als zufällig erklären oder für sich reklamieren und jaaaaa nicht loben! Wenn Sie sich an diese Punkte halten, geht das Übertragen mit großer Wahrscheinlichkeit schief und Sie dürfen guten Gewissen alles wieder selbst machen. Viel Spaß und Erfolg dabei!
Mit positiven Grüßen
Christian Thiele
P.S.: Sie machen das gut!