Was positive Leaders vom Schweizer Militär lernen können

CHRISTIAN THIELE

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Geben Sie's doch zu: Was Sie als positive Führungskraft vom Schweizer Militär wohl lernen können – das haben Sie sich sicher noch nie gefragt, oder? Macht auch nix! Falls Sie die Frage aber interessiert, und die falls Sie die Antworten darauf interessieren: Hier einige Impulse!

Die Armee als natürliches Zuhause der Positiven Psychologie? Irgendwie schon!

Junge. Ältere. Frauen. Männer. Gesunde. Nicht so ganz Gesunde. Sportliche. Sporthasser: In der Schweizer Armee zeigt sich, wie in vielen anderen Armeen auch, ein Spiegelbild der Gesellschaft. Das hat mir Dr. Nadine Eggimann-Zanetti, Militärpsychologin der Schweizer Militärakademie an der ETH Zürich, im Interview für die aktuelle Folge meines Podcasts »Positiv Führen« erklärt. Und überall da, wo viele Menschen zusammenkommen, entsteht Vielfalt. Eine Vielfalt aus Begabungen, Orientierungen, Stärken, Werten. Vielfalt wertschätzen, anerkennen, führen können, auf diese Unterschiedlichkeiten eingehen können – das hat immer mit Positive Leadership zu tun.

SoldatInnen sollten Sinn sehen

Ob im Kampf für Demokratie und Freiheit. Ob im Einsatz zur Friedenssicherung nach einem Bürgerkrieg. Ob beim Bewältigen von Bränden, Hochwässern,  sonstigen Naturkatastrophen: Wer seine Gesundheit und sein Leben im Einsatz riskiert, braucht ein Wofür oder Wozu. Ein Verständnis von Sinnhaftigkeit. Das hilft, das Wie und Was der Umstände zu bewältigen. Führung kann dabei helfen, Führung kann Menschen in den Dialog bringen mit ihrem persönlichen Wozu oder mit dem organisationalen Wozu.

Positive Psychologie ist keine Schönwetterveranstaltung

Schmerz, Schuld, Scham, Scheitern: Der große humanistische Psychologe Friedemann Schulz von Thun schreibt von den "tragischen Sch's" der menschlichen Existenz. Der Positiven Psychologie wird gelegentlich vorgeworfen, sie beschäftige sich in all ihrem Bemühen um Achtsamkeit, positive Emotionen, Stärken etc. nur mit den Sonnenseiten des Lebens. Das mag für einzelne Strömungen der Positiven Psychologie gelten. Doch die Disziplin insgesamt hat – etwa durch die Arbeiten von Paul Wong oder durch die Studien zu Posttraumatischem Wachstum –  auch einiges anzubieten für schwere und schwerste Zeiten. Auch, aber nicht nur für SoldatInnen.

Positive Psychologie und Positive Leadership sind brauchbar – und missbrauchbar

Der glückliche-Kühe-Vorwurf ("Mehr Achtsamkeit und Stärkenfokus zum Zwecke von mehr Leistung, Effizienz und Shareholder Value") haftet der Positiven Psychologie im militärischen Kontext nochmal in der verschärften Variante an: Martin Seligman, die wohl wichtigste Figur in der Positiven Psychologie,  geriet in Zeiten des Irak-Krieges schwer in die Kritik,  weil er mit seinen Erkenntnissen zu Zuversicht, Hoffnung und Achtsamkeit US-Soldaten und Diplomaten dabei unterstützt hat, um Folter und Gefangenschaft besser zu überstehen – und vielleicht auch Kampfsituationen besser zu meistern. Hat er damit PP zum Handlanger der Folterknechte von Abu Ghreib gemacht?  Seligman schreibt darüber ausgiebig – und natürlich aus seiner Perspektive – in seinem neuesten Buch. Positive Leadership und Positive Psychologie können aus meiner Sicht keine reinen Optimierungs- oder Machttechniken sein, sie brauchen ein legitimes Wozu. Einerseits. Und andererseits kann ja vielleicht die Beschäftigung mit Themen wie Sinn, Werten etc. subversive Wirkung haben und die Ausrichtung der Organisation über die veränderte Ausrichtung ihrer Mitglieder beeinflussen?

Exzellente Leader nach Exzellenz aussuchen

Im Assessment Center der Schweizer Militärakademie, dem Aus- und Weiterbildungszentrum für Offiziere, wird Führungspersonal für die höheren Ränge bewertet und ausgesucht. Und zwar, erklärt mir die dort zuständige Militärpsychologin Eggimann-Zanetti, explizit mit Stärkenfokus und nach Stärkentests. 

Stärken zu kennen und auszubauen macht uns leistungsfähiger, resilienter, zuversichtlicher, hartnäckiger, erfolgreicher, gesünder: Das wissen wir aus etlichen Studien der Stärkenforschung der letzten 15, 20 Jahre, es ist das vielleicht am solidesten erforschte Thema von Positiver Psychologie und Positive Leadership. Ich habe dazu auch aktuell ein neues Buch herausgebracht, falls Sie dazu mehr wissen wollen. Und Führungskräfte tun gut daran, Stärken besser benennen, erkennen und einsetzen zu können, die eigenen und die anderer. Im Militär – und sonstwo... 

Werte sind wert-voll – und riskant 

Loyalität, Integrität, Mut, Professionalismus, Teamwork, Innovation: Das sind Werte, die in vielen Armeen propagiert werden, Eggimann-Zanetti hat über Werte und Tugenden in der Armee ihre Doktorarbeit geschrieben. Aber was sind Werte überhaupt? Sie sind so ein bisschen wie die Blutgruppe: Jeder hat welche, aber so richtig relevant werden sie häufig erst, wenn es kritisch wird. Werte sind – flapsig formuliert – persönliche Vorstellungen über das, was wir richtig, wichtig und erstrebenswert finden. Aber erst wenn gegen meine Vorstellung von Freiheit, Solidarität, Selbstbestimmung, Sicherheit, Tradition – oder was auch immer der Wert sein mag – verstoßen wird, erst dann werde ich mir der Relevanz meiner Werte bewusst. Im Team, in der Organisation die wichtigsten Werte abzufragen, eventuell auch einen Wertekanon aufzustellen: Das kann sinnvoll sein. Denn Führenden und Geführten fällt es dann in unübersichtlichen oder in Konfliktsituationen leichter, sich wie an inneren Leitsternen an diesen Werten auszurichten – einerseits. Andererseits macht so ein Mission statement oder Wertekatalog oder oder oder auch angreifbar. Denn wer sich Kameradschaft, Mut, Fairness, Leistungsorientierung oder ähnliches auf die Fahnen und auf die Website schreibt, muss sich rechtfertigen, wenn in konkreten Entscheidungssituationen Wert A priorisiert und Wert B hintangestellt wird, zumindest aus Sicht der Betroffenen. Dann ist darüber zu diskutieren. Aber vielleicht ist es ja genau das, was Werte in der Führung so wert-voll machen kann. 

Wenn Sie mehr wissen wollen

Hier einige Angebote von mir, wenn Sie mehr hören, lesen, wissen, erleben wollen:

🎧 Um Themen aus Positiver Psychologie und Positive Leadership dreht sich alles in meinem Podcast „Positiv Führen". (Der Podcast freut sich über Abos, Sternchen und freundliche Bewertungen auf Apple Podcasts – und ich mich gleich mit.)

💪 Die Stärken besser kennen und nützen, mit Schwächen konstruktiver umgehen, bei mir und meinen Mitarbeitern: Darum geht's demnächst in meinem neuen Audiokurs. Schon jetzt hier anmelden!

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🚀Mein neues nicht-kostenloses, nicht-E-Buch „Positiv führen für Dummies" (Wiley 2021) ist  erhältlich – am besten beim Buchhändler des Vertrauens ordern.

🖥 Hier lang zu meinen nächsten Webinar- und anderen Terminen.

Mit positiven Grüßen aus Garmisch-Partenkirchen

Christian Thiele

PS: Sie machen das gut! 

"Positiv führen für Dummies"

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Christian Thiele

ÜBER DEN AUTOR

Mehr Leistung, Freude, Gesundheit und Sinn, mit den Methoden der Positive Leadership: Darum geht es mir in meiner Arbeit als Coach, Trainer, Teamentwickler und Vortragsredner. Für Führungskräfte, Teams und Organisationen. Verliebt, verlobt und bald verheiratet mit Christiane. Vater. Skitourengeher.

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