Tandem-Führung: Was bringt, was braucht, wie klappt sie?

CHRISTIAN THIELE

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Meier & Töchter, Huber & Söhne, Meier und Müller: Im deutschen Mittelstand hat die Mehrfachspitze eigentlich Tradition, das merkt man schon an den Namen. Aber in größeren Firmen ist sie noch selten. Warum ein Führungstandem Sinn macht, und zwar gerade in Zeiten von Krise, Ungewissheit, Umbruch – dazu hier einige Argumente. Und 7 Tipps, wie es gehen könnte.

„Is CEO a Two-Person Job?“, fragte jüngst die Harvard Business Review.  Leadership-Guru David A Heenan sagt: „Co-leadership should permeate every organization at every level." Salesforce, SAP, Oracle hat das Führungstandem gerade abgeschafft, Netflix hat sie vor kurzem wieder eingeführt, die Grünen und die SPD leben sie, die FDP, die CDU nicht und die CSU schon gar nicht: Die Doppelspitze ist mal mehr in Mode und mal weniger.

8 Vorteile von Führungs-Duos

Allein ist altmodisch: Der, und ich schreibe hier bewusst die männliche Form, einsame, allwissende, allmächtige Kommandant an der Spitze der Organisationspyramide? Das ist ein Bild von Vorvorvorvorvorgestern, ein Modell für das Management-Museum aus dem 19. Jahrhundert. Führende und Geführte sagen immer deutlicher, dass sie diese Form des Führens nicht mehr wollen. Einfühlungsvermögen statt Einsamkeit, Kollaboration statt Kompetivität, Vertrauen statt Kontrolle. Dafür kann auch ein Führungstandem stehen. 

Stärken stärken: Die/der eine ist das Organisationswunder, der/die andere ist das Empathie-Genie – so oder ähnlich können sich Führungstandems oder -gruppen in ihren Stärken gegenseitig komplementieren und ergänzen.

Mehr Facetime für KundInnen, Belegschaft, Führung nach oben. Denn Reisen, Repräsentation, Urlaub können ja jetzt auf zwei Schultern verteilt sein.

Mehr Diversität: (Die meisten) Organisationen müssen bunter werden, nach Geschlechtern, Lebensstilen, Hintergründen etc. Doppelspitzen können das buchstäblich verkörpern.

Bessere Entscheidungen: Zwischen Mut und Übermut, Sparsamkeit und Geiz, Umsicht und Lahmarschigkeit liegt oft ein schmaler Grat. Führungstandems können durch den eingebauten Filter zu besseren, solideren, tragfähigeren Entscheidungen kommen.

Schnelleres Wachstum ist vor allem für kleine Firmen, die rasch wachsen wollen, können, werden leichter, wenn es zwei oder mehrere Personen an der Spitze gibt, die wichtige Entscheidungen fällen, Kontakte pflegen, Mitarbeiter einstellen und alles mögliche sonst noch können.

Mehr Motivation: Der miese Montag, der frustrierende Freitag – jeder kennt Tage, an denen schlechte Nachrichten, ein kleines Fitness-Loch oder einfach nur ein bad hair day Laune und Leistungsfähigkeit in den Keller treiben. Wenn das der Führungskraft passiert, kann das gleich die ganze Mannschaft nach unten ziehen. Wenn aber das geteilte Leid halbiert und die geteilte Freude verdoppelt wird, steigt bei – funktionierenden – Chef-Duos die Wahrscheinlichkeit von motivierender Positivität! 

Bessere Kontrolle: Co-Ceos können einander so wirksam beaufsichtigen, sparren, kontrollieren, dass der Aufsichtsrat schon fast arbeitslos wird, dazu gibt es sogar Hinweise in wissenschaftlichen Studien.

Herausforderungen an Doppelspitzen

Einfach nur eine zweite Person an die Spitze nominieren, wo sonst gerade alles den Bach heruntergeht – das ist natürlich keine Wunderkur. Wie jede Beziehung ist auch die Beziehung zweier Chefs zueinander Arbeit – und kann damit manchmal mehr Aufwand machen als sie aus dem Weg schafft. In sehr formell organisierten Firmen geht alles viel langsamer, wenn immer zwei zu alles verhandeln, abnicken, unterschreiben müssen. Sie will schneller wachsen, er will klein und fein bleiben, er ist für mehr FlexWork, sie dagegen, ihr liegt Kunde XY am Herzen, den er dringendst loswerden will – und und und: Führungsduos bieten Potenzial für viele schwere, langwierige, lähmende Konflikte: Aus meiner Erfahrung als Coach und Trainer würde ich mal schätzen, dass 50 Prozent der gescheiterten Start-Ups vor allem über Konflikte im Führungs-Duo gestolpert sind. Und ganz banal: Es müssen zwei Menschen an der Spitze bezahlt werden statt einer. Das muss man sich leisten können und wollen.

So klappt Co-Führung – 7 Tipps:

Chemie klären

So manches Führungs-Duo verbringt mehr Zeit miteinander als mit dem jeweiligen Partner. Daher sollten sich zwei, die sich für eine Doppelführung entscheiden, vorab tief in die Augen schauen, ob und wie das persönlich gehen kann. Je unterschiedlicher die Lebenssituation, je unterschiedlicher die Wertesysteme, das Verständnis von Humor, die Arbeitsethik und so weiter, desto mühsamer dürfte der Führungsalltag werden. 

Aufgaben aufteilen

Bei den meisten Führungstandems bilden sich früher oder später unterschiedliche Kompetenzbereiche heraus, für die jedeR zuständig ist. Das schließt gewisse Überlappungen nicht aus, schließlich ist eine Aussage wie „Das muss die Greta entscheiden, wenn sie in acht Wochen vom Urlaub zurück ist“ gerade das Gegenteil dessen, was Doppelführung leisten kann. Optimal: Wenn sich beide ChefInnen so gut kennen und vertrauen, dass die/der jeweils andere in allen Belangen handeln und entscheiden kann. Je unterschiedlicher die Stärken und Kompetenzen verteilt sind, desto weniger macht eine solch vollständige Überlappung Sinn. 

Regelmäßig reden

Ein Führungstandem braucht feste Kommunikationsrituale und -kanäle – auch und gerade um das Unvorhergesehene schnell und gut abstimmen zu können. Wenn beide in Teilzeit arbeiten, ist der „Überlappungsmittwoch“ eine gute Idee – aber meist nicht ausreichend. 

Stärken stärken

Die/der eine ist gut in Organisation und Struktur, die/der andere ist dafür die Kreativität auf zwei Beinen: Je unterschiedlicher die beiden Säulen einer Doppelspitze, umso wichtiger ist es für beide, die jeweiligen eigenen Stärken und die des anderen zu kennen – und die Schwächen annehmen zu können (ausführlicher habe ich dazu auf meinem Blog positiv-fuehren.com/blog geschrieben). Fragen Sie sich und einander: Was sind meine, was sind Deine, was sind unsere Stärken? Und was sind die gemeinsamen blinden Flecken oder Schwächen?

Konflikt kanalisieren

Zwei unterschiedliche Biographien, mit unterschiedlichen Ansprüchen, Lebenssituationen, Denkweisen: Das führt bei vielen Doppelspitzen zu Entfremdung und irgendwann sogar zur Trennung. Hilfreich daher, wenn sich beide schon von Anfang an darauf verständigen, Konflikte erstmal unter sich zu klären, ohne dass die Mitarbeiter das mitbekommen. Und sich möglicherweise Mediation oder Coaching nicht erst dann zu gönnen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Gehen Sie davon aus, dass es auch mit der besten Führungskomplizin oder dem besten Co-Chef früher oder später zu Auseinandersetzungen kommen wird – und schaffen Sie von vornherein Räume und Gelegenheiten zur Klärung.

Vorbild vorleben

Viele Führende unterschätzen immer wieder, wie stark ihr Vorbild auf die Belegschaft wirkt. Fragen Sie sich also immer wieder: „Wenn wir wollen, dass unsere Team-Mitglieder professionell zusammenarbeiten und Synergien aus ihren unterschiedlichen Erfahrungen und Stärken schaffen – wie können wir das ihnen vorleben?“ 

Fortschritt feiern

Ein wichtiger Tipp für alle Führenden, die ja häufig von einem gewissen Antrieb nach höher, weiter, schneller geprägt sind: Sehen Sie nicht nur, was fehlt, was noch nicht da ist – feiern Sie auch den Etappensieg, das Zwischenziel, den Fortschritt, egal wie klein und langsam! Und zwar nicht nur miteinander, sondern am besten gleich auch mit den Geführten. Das Erleben von Erfolg macht zuversichtlich, hebt die Laune, fördert die Produktivität – und garantiert so weitere Erfolge!

Sie wollen wissen...

, wie Führung im Duo konkret gehen kann und was dafür wichtig ist? Für meinen Podcast „Positiv Führen“ (positiv-fuehren.com/podcast) habe ich in der aktuellen Folge mit Anke Helle und Mateja Mögel darüber gesprochen, den Chefredaktorinnen der deutschen Zeitschrift „Freundin“. 

💡 Zu meinem kostenlosen E-Book „Mehr Glück im Job“ geht's hier.

Wenn Sie sich für ein Führungskräftetraining, eine Keynote, ein Coaching oder ähnliches interessieren, in Präsenz oder virtuell: Melden Sie sich gerne, ich freue mich auf den Austausch! Alles unter positiv-fuehren.com

Herzliche Grüße derweil


Christian Thiele

P.S.: Sie machen das gut!

Christian Thiele: „Positiv führen in schwieriger Zeit“ (Haufe Verlag, Mai 2020)

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Christian Thiele

ÜBER DEN AUTOR

Mehr Leistung, Freude, Gesundheit und Sinn, mit den Methoden der Positive Leadership: Darum geht es mir in meiner Arbeit als Coach, Trainer, Teamentwickler und Vortragsredner. Für Führungskräfte, Teams und Organisationen. Verliebt, verlobt und bald verheiratet mit Christiane. Vater. Skitourengeher.

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