Burnout verstehen und verhindern als Führungskraft – Mini-Serie 1/4

CHRISTIAN THIELE

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Was ist Burnout? 

Ein gebrochener Arm ist ein gebrochener Arm. Eine Corona-Infektion ist eine Corona-Infektion. Burnout ist da weniger eindeutig, eine eher vage Kombination aus Symptomen, der auch häufig von unterschiedlichen Symptomen wie Panikstörungen, Depressivität oder Suizidalität begleitet – oder wie die MedizinerInnen sagen: "larviert", also überdeckt ist. Bislang ist Burnout eine Zusatzdiagnose, keine eigene Krankheit. Doch das könnte sich mittelfristig ändern, denn ab 2022 ist Burnout im Krankheitenverzeichnis ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation WHO  als "Arbeitsphänomen" aufgelistet. Unter den vielen unterschiedlichen Möglichkeiten, Burnout zu begreifen, hat sich die WHO für folgende Definition entschieden: 

"Burnout ist ein Syndrom, das aus chronischem Stress am Arbeitsplatz resultiert, der nicht erfolgreich bewältigt werden kann. Es ist charakterisiert durch

  • das Gefühl von Energielosigkeit und Erschöpfung
  • wachsende geistige Distanz von der eigenen Tätigkeit oder Gefühle von Negativität und Zynismus in Bezug auf die Arbeit sowie
  • verringerte Arbeitsleistung

Burnout bezieht sich spezifisch auf den Arbeitskontext und sollte nicht zur Beschreibung von Erfahrungen in anderen Lebensbereichen benützt werden" (eigene Übersetzung)

Die renommierte Deutsche Depressionshilfe steht dem Burnout-Begriff auf Grund der mangelnden Abgrenzungsfähigkeit übrigens eher skeptisch gegenüber und spricht in der Regel von Depressions-Erkrankungen.

Inwiefern sind Führungskräfte besonders Burnout-gefährdet?

Eine steile, steile Aufwärtskurve: So sieht die Entwicklung der Burnout-Diagnosen laut einer Statistik der AOK aus. Die AOK zählte 2018 durchschnittlich 5,7 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burn-out-Diagnose. Damit hat sich die Diagnosehäufigkeit seit 2008 beinahe verdreifacht. Auch das Krankheitsvolumen hat sich rapide erhöht: Waren es 2005 noch 13,9 Krankheitstage, registrierte die AOK 2018 bereits 120,5 AU-Tage je 1.000 Mitglieder.

Paula Davis zitiert in ihrem neuen, sehr lesenswerten Buch über Burnout-Prävention Zahlen, wonach

  • laut Befragungen rund zwei Drittel der Banker zwischen 25 und 44 von Burnout betroffen sind oder waren
  • jedeR dritte RechtsanwältIn bei der Burnout-Skala von Maslach über 75% liegt  

Laut Daten von Linkedin ist im Corona-Jahr 2020 die Zahl der Burnout-Fälle bei Managern zwischen Q1 und Q4 um 78 Prozent gestiegen. Nach meiner Erfahrung sind Führungskräfte aus mindestens drei Gründen besonders anfällig für Überlastung: 

– Bei den meisten psychischen Erkrankungen wird – statistisch gesehen – mit höherem Bildungsniveau die Anfälligkeit niedriger. Bei Burnout gilt das nicht. Und Vorgesetzte sind in der Regel überdurchschnittlich gut (aus)gebildet.

– "Je höher ich komme, desto weniger habe ich zu melden", sagte mir neulich eine Führungskraft in einem Coaching: Die unterschiedlichen Anforderungen von oben, von der Seite, von unten, von innen und von außen belasten Führungkräfte häufig mehr als "einfache" Mitarbeitende. Die Zahlen der Bundesanstalt BAuA zeigen ganz eindeutig: Je höher die Führungskraft in der Hierarchie steht, desto schneller der Arbeitstakt, desto mehr Unterbrechungen, desto belastender die Tätigkeit usw. 

– In Führungsverantwortung kommen häufig jene Menschen, die besonders motiviert sind, besonders viel erreichen wollen, eher unzufrieden sind mit dem Status Quo, mehr Drive haben als andere. Und diese Persönlichkeitsstruktur – die vieles möglich macht – macht viele Vorgesetzte eben auch tendenziell anfälliger für Überlastung und Burnout.

Burnout – die Folgen

Paula Davis zitiert Studien, wonach die Negativ-Folgen durch Burnout für die US-Wirtschaft bei jährlich 100 Mrd. US-Dollar liegen. Ärzte, die an Burnout leiden, haben zwei Mal so häufig Probleme mit Patientensicherheit, bekommen deutlich häufiger Beschwerden wegen mangelhafter Kommunikation, fehlendem Einfühlungsvermögen und anderen professionellen Kompetenzen rückgemeldet. Organisationen mit hohen Burnout-Raten haben unter anderem

  • höhere Fehlerraten
  • mehr Krankentage
  • geringere Produktivität
  • niedrigere Kundenzufriedenheitswerte
  • deutlich höheren Personalwechsel zu verzeichnen.

Dabei ist Burnout keineswegs ein rein individuelles Phänomen, er ist sozial ansteckend, ein Beispiel: SchülerInnen von Lehrkräften mit Burnout-Diagnose weisen höhere Werte des Stresshormons Cortisol im Blut auf. Warum und wie Organisationen die Verantwortung für Burnout-Erkrankungen übernehmen und nicht nur auf das Individuum abschieben sollten, davon wird in weiteren Folgen dieser Mini-Serie die Rede sein.

Wenn Sie mehr wissen wollen

Hier einige Angebote von mir, wenn Sie hören, lesen, wissen, erleben wollen:

🎧 Was bedeutet, welche Folgen hat und was tun gegen Burn-out als Führungskraft? Darum geht es in der aktuellen Folge meines Podcasts "Positiv Führen" – gemeinsam mit dem Psychologen und Burnout-Experten Lukas Entezami.  (Der Podcast freut sich über Abos, Sternchen und freundliche Bewertungen auf Apple Podcasts – und ich mich gleich mit.)

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Mit positiven Grüßen aus Garmisch-Partenkirchen

Christian Thiele

P.S.: Sie machen das gut!
 

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Christian Thiele

ÜBER DEN AUTOR

Mehr Leistung, Freude, Gesundheit und Sinn, mit den Methoden der Positive Leadership: Darum geht es mir in meiner Arbeit als Coach, Trainer, Teamentwickler und Vortragsredner. Für Führungskräfte, Teams und Organisationen. Verliebt, verlobt und bald verheiratet mit Christiane. Vater. Skitourengeher.

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